Ekkehardt vs Eckmann – Plagiatsvorwürfe anno 1903

Aus: Archiv für Buchgewerbe, Heft 5, 1903 (Autor: Chronos)

Wir halten es für keinen glücklichen Gedanken, daß sich die junge Schriftgießereifirma Ludwig Wagner in Leipzig-Stötteritz mit der uns vorliegenden Schrift »Ekkehardt« einführt. Ebensowenig vermögen wir die Bedürfnisfrage nach einer weiteren Schrift, die zu der Gattung der »Eckmann« gehört, zu bejahen. Wir sind zudem der Ansicht, daß eine schaffensfreudige Firma eine dankbare Aufgabe und einen Stolz darin suchen muß, selbständige originale Erzeugnisse auf den Markt zu bringen, und Anlehnungen an Vorhandenes, zumal diese meistens nur eine Verschlechterung der einmal gegebenen Formen zu sein pflegen, wie in vorliegendem Falle, vermeiden muß. Wie bereits angedeutet trägt die »Ekkehardt« den Charakter der Eckmann in sehr starkem Maße, ohne indessen das Handschriftliche derselben zu haben. Der einheitliche Zug, den man an jedem Originalerzeugnis schätzt, fehlt und muß fehlen, zumal es sich im vorliegenden Falle mehr oder weniger um eine recht wenig erfreuliche Metamorphose handelt, die im Interesse unsres Gewerbes nur zu bedauern ist.

Das Vorstehende gilt zum großen Teil auch von dem zweiten Erzeugnis, das uns von derselben Firma vorliegt, der modernen Groteskschrift »Clio«. Diese Schrift zeigt in ihrer Bildfette wie Konstruktion starke Anklinge an die Bertholdsche Sezessions-Grotesk ohne jedoch die ruhige Gleichmäßigkeit der letzteren zu erzielen. In dem Bestreben die Schrift möglichst modern zu gestalten wurden eine Anzahl Ligaturen und ineinandergreifende Buchstabenformen geschaffen, z. B. LA, LE, die der Schrift nicht zum Vorteil gereichen. Wir können der Firma L. Wagner nur empfehlen, sich bei ihrem Schaffen nicht davon leiten zu lassen, Erzeugnisse zu bringen, die sich an solche anlehnen, mit denen irgend eine andre Firma bereits gute Geschirre macht, sondern eigne Wege zu gehen und von tüchtigen Kräften zu ihrem eignen Nutzen und dem des Gewerbes wirkliche Originalerzeugnisse schaffen zu lassen.

  • More metal-era font-beef. Wagner companies seem to have been really frowned upon by the tightly knit, “serious” German type foundry establishment, accused of price dumping and plagiarism.

    »Der einzige Zuwachs zum VdS [Verein der Schriftgießereien] im letzten Jahrzehnt seines Bestehens war die Schriftgießerei Johannes Wagner, Ingolstadt. Dr. Born, der letzte Geschäftsführer des VdS, hatte zu der Firma Kontakt aufgenommen, doch die Vereinsmitglieder konnten sich mit Wagner und dieser sich mit ihnen lange nicht anfreunden. Daher erfolgte der Beitritt erst 1966 unter dem neuen Geschäftsführer von Wagner, Arnold Dröse. Den Verein der Nachkriegszeit kann man sich als einen exklusiven kleinen Club vorstellen, dessen Frankfurter Mitglieder sich häufig zu Besprechungen trafen. Sie bestimmten die Vereinspolitik, da Genzsch & Heyse im Sinne ihrer Teilhaber abstimmte und C. E. Weber sich oft der Meinung der größeren Gießereien anschloß.«

    Aus: Leonie Tafelmaier: Der Verein der Schriftgießereien Offenbach am Main (1903–1972). Gutenberg-Jahrbuch 72, 1997

  • »Mitte der 50er Jahre gelingt es ihm [Johannes Wagner] die in Leipzig geschaffene Manutius Antiqua von Arno Drescher [erschien bei TypoArt], in Abschlägen nach Ingolstadt zu bringen, wo sie unter dem Namen Antiqua 505 gegossen wurde. Hierauf strengte die Firma Ludwig & Mayer in Frankfurt am Main einen Prozeß an, wegen Nachahmung ihrer Candida Antiqua. Der Prozeß ging verloren und das Urteil hatte einen großen Einfluß in der Rechtsgeschichte des Schriftschutzes.«

    Aus: Bauer/Reichardt: Chronik der Schriftgießereien in Deutschland und den deutschsprachigen Nachbarländern

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